Die Hochzeit 2.Teil
 
erzählt:Johann Kailer und Heinrich Leibensberger
aufgeschrieben:Pfarrer Jakob Rometsch
 
Um zwei Uhr wurde "in die Kirche geläutet". Der Hochzeitszug formierte sich folgendermaßen: Als erstes gingen die Musikanten, die den Kirchenmarsch spielten. Die Braut wurde von zwei Brautführern begleitet, während der Bräutigam von zwei Brautmädchen in die Mitte genommen wurde. Danach kamen die ledigen, die jungverheirateten und zum Schluß die älteren Hochzeitsgäste. Die Musiker gingen nicht mit in die Kirche hinein. Die Braut betrat als erste die Kirche. Nach der Trauung verließ der Bräutigam als erster die Kirche. Beide gingen jeweils mit ihren Brautführern und Brautmädchen. Sobald sich die Kirchentüre öffnete, spielte die Musik einen Marsch, die Brautmädchen fingen an zu hüpfen und zu juchzen und so machte man sich auf den Weg in die Wirtschaft. Die Aufträger und ihre Frauen, die zugleich die Köchinnen waren, kamen dem Zug schon mit Wein und Torten entgegen. Man hielt sich bis etwa fünf uhr im Hof oder im Winter im Vorraum der Wirtschaft auf und dort wurden Ku- chen und Wein herumgereicht. Um fünf Uhr wurde der Braten vom Bäcker geholt. Die Aufträger begaben sich mit einer großen Steigleiter begleitet von jungen Gästen zu dem Bäcker. Auf diese Steigleiter wurden dann vom Bäcker die Bratenplatten, je nach Größe der Hochzeit oft sechs bis acht Stück oder auch mehr, gestellt. Nun wurde die Leiter von den Aufträgern wieder aufgenommen und in die Wirtschaft getragen. Das Fleisch wurde in der Wirtschaftsküche zerkleinert und auf Bratentellern angerichtet. Während dieser Zeit gingen Braut und Bräutigam nach Hause und zogen sich um.

Das Hochzeitsessen bestand aus einer Suppe, anschließend Rindfleisch mit einer Soße, einem Braten mit Meerrettich und mehreren Salaten. Den Ab- schluß bildeten Kuchen und Torten.

Während des Essens stahl man der Braut den Schuh, der im Anschluß an das Essen versteigert wurde. Es wurde bei den Hochzeitsgästen Geld eingesammelt, welches das Brautpaar dann überreicht bekam. Nach dem Hochzeitsessen und der Brautschuhversteigerung wurde der Saal leergeräumt, das heißt die Tische und Stühle wurden entfernt, und es wurde bis kurz vor zwölf uhr getanzt. Um zwölf Uhr war dann der Brauttanz. Dies ging so vor sich: Ein Aufträger nahm sich einen Stuhl und zwei Teller, setzte sich mitten in den Saal und rief den Brauttanz aus. Nun mußte jeder, der mit der Braut tanzen wollte, erst einen Geldbetrag in den Teller werfen, bevor er mit der Braut tanzen durfte. Zum Schluß mußte der Bräutigam seine Braut mit einem größeren Geldschein "abkaufen".

Ein anderer Hochzeitsbrauch war: Es wurden zwei Stühle mitten in den Saal gestellt und Braut und Bräutigam nahmen darauf Platz. Die Hoch- zeitsgäste standen im Kreis um sie herum, während ein junges Mädchen oder eine junge Frau ein Sprüchlein aufsagte. Zum Beispiel:

"Kraut, Kraut, Süßkraut, meine Schwester oder Freundin war eine Braut. Kränzle runter, Tüchle her, Mädle g'west und nimmermehr."

Der Braut und dem Bräutigam wurden Kranz und Sträußchen abgenommen und von diesem Zeitpunkt an standen sie nicht mehr im Mittelpunkt des Festes. Sie waren "Privatleute". Nach dieser Zeremonie wurde wieder gegessen und anschließend getanzt. Im Laufe der Nacht verschwand das Brautpaar, die anderen Gäste tanzten weiter bis es Tag wurde. Nun formierten sich die Hochzeitsgäste und zogen mit der Musik im Dorf herum. Sie wurden zwischendurch von den Hochzeitsgästen in ihren Häusern be- wirtet. Gegen Mittag kamen sie dann wieder in die Wirtschaft zurück. In der Zwischenzeit war wieder ein Mittagessen gerichtet und anschließend unterhielt man sich wieder bis gegen Abend. Dann ging man auseinander, da allmählich jeder müde war. Es gab auch Hochzeiten, die noch länger dauerten, doch dies waren nur wenige.

Nach dem Fest mußten die Brautführer die Tische und Stühle wieder bei ihren Eigentümern abliefern. Das Geschirr und das Besteck wurde meist von den Besitzern selbst wieder abgeholt, da sie am besten wußten, was ihnen gehörte.
 
Wer kann zu diesem Thema noch was beitragen?